Das chinesische Unternehmen Xiaomi hat es binnen fünf Jahren an die Spitze der Smartphone-Hersteller gebracht.
Was ist das Geheimrezept des Apple-Amazon-Google-Hybriden?
Jahrelang galt Huawei als das chinesische Wunderkind. Viele Unternehmen hat der Technologiekonzern hinter sich gelassen. Auch 2014 legte Huawei wieder ordentlich zu. Analysten und Medienhäuser bewunderten 2014 aber ein anderes Unternehmen. Auch aus China, auch phonetisch rätselhaft: Xiaomi, ungefähr gesprochen 'scho-oh-mih'.
Xiaomi stellt Smartphones her und unterscheidet sich damit auf den ersten Blick kaum von Huawei und anderen Herstellern. Die Smartphones des chinesischen Unternehmens sind technisch anständig ausgerüstet und vor allem günstig. Damit macht Xiaomi Milliardenumsätze. Drei von vier chinesischen Smartphone-Nutzern besitzen ein Android-Telefon, die meisten davon kamen im vergangenen Jahr von Xiaomi.
Das Aufsehen war daher gewaltig, als Xiaomi Ende der vergangenen Woche seine neuen Spitzenmodelle Mi Note und Mi Note Pro vorstellte. Sowohl das Mi Note als auch das Mi Note Pro sind erstklassig ausgestattet, schlicht designt und haben ein 5,7-Zoll großes Display. Der Hersteller der Billig-Smartphones dringt damit in die Klasse der High-End-Geräte vor. Prompt ist wieder die Rede vom Konkurrenten des iPhone. Journalisten bezeichnen Xiaomi schon länger als "Apple of China". Ein Missverständnis.
Das Smartphone ist die Eintrittskarte
Denn der Erfolg von Xiaomi basiert auf einem anderen Geschäftsmodell. In einem Interview hat Lei Jun, CEO von Xiaomi, es einmal treffend erklärt. Lei sagte, Xiaomi sei eine Mischung aus einem großen Teil Amazon mit einer Prise Apple und Google. Das meiste Geld macht Xiaomi nicht mit dem Verkauf von Smartphones. Das zeigen die Verkaufszahlen des Kassenschlagers Hongmi (Roter Reis). Xiaomi verkaufte es für etwa 113 US-Dollar, bei 86 US-Dollar Herstellungskosten. Das ergibt eine Gewinnmarge von etwa 31 Prozent. Zum Vergleich: Mit dem neuen iPhone 6 macht Apple einen Gewinn von 69 Prozent.
Das Geld verdient Xiaomi mit Dienstleistungen, das Mobiltelefon ist nur der Träger. Lei hat auch dafür ein schönes Bild: Microsoft habe Windows damals in einer Pappschachtel verkauft. Microsoft sei deshalb aber noch lange kein Pappschachtel-Unternehmen.
Wenn das Smartphone der Träger ist, dann ist MIUI die Plattform. MIUI steht für Mobile Internet User Interface und ist eine modifizierte Oberfläche von Android. MIUI vereint mehr als 40 Xiaomi-Dienste, einer der wichtigsten ist der App-Store MiMarket. Google Play hat der Konzern im Sommer 2013 kurzerhand zusammen mit anderen Google-Diensten von seinen Geräten verbannt. Die offizielle Begründung lautete, dies sei mit den Normen in China nicht vereinbar. Xiaomi hat damit weitgehende Kontrolle, was und von wem der Nutzer Apps installiert und kauft. Wenige Monate später erklärte das Unternehmen, Nutzer hätten allein im Jahr 2013 über eine Milliarde Programme im MiMarket heruntergeladen.
Xiaomi setzt auf das Internet der Dinge
Das chinesische Unternehmen hat neben dem eigenen Kaufhaus für Apps auch eines für Hardware aufgebaut. Kaum ein Technologie-Unternehmen nimmt das Internet der Dinge so ernst wie Xiaomi. Eine kleine Auswahl der Übernahmen und Veröffentlichungen der vergangenen Monate:
Xiaomi präsentiert eigene Sensoren für das intelligente Haus;
Xiaomi investiert eine Milliarde US-Dollar, um die Inhalte seines MiTV attraktiver zu gestalten;
Xiaomi investiert 200 Millionen US-Dollar in den Smart-Home-Hersteller Midea Home Appliance;
Xiaomi stellt ein Steuerzentrum für Geräte im Haushalt, eine intelligente Glühbirne, eine Webcam, eine Zeitschaltuhr, einen Luftfilter für chinesische Großstädte und einen Kopfhörer vor;
Xiaomi erklärt, das eigene Fitness Band habe sich binnen dreier Monate eine Million Mal verkauft.
Für das Unternehmen sind die Millionen verkaufter Smartphones nur die Eintrittskarte in die Xiaomi-Welt: Mit ihr sollen Menschen das intelligente Haus steuern und Dienstleistungen im MiMarket kaufen. Zentraler Pfeiler von Xiaomi ist deshalb der Absatz möglichst vieler Eintrittskarten. Dafür hat sich Xiaomi ein eigenes, innovatives Verkaufssystem ausgedacht
Direktvertrieb und cleveres Marketing
Auf dem chinesischen Heimatmarkt verkauft Xiaomi die meisten Smartphones. Hier ist der Preis das entscheidende Kaufargument. Ein neues iPhone ist für viele schlicht zu teuer, es entspricht etwa dem, was ein Arbeiter in den Foxconn-Fabriken monatlich verdient. Das wissen aber auch die anderen Smartphone-Hersteller wie ZTE, Huawei und Lenovo. Was also hat Xiaomi besser gemacht?
Nicolas Charbonnier beobachtet den chinesischen Smartphone-Markt seit Jahren. Er bloggt unter dem Namen Charbax auf ARMdevices.net. Er sieht den entscheidenden Unterschied nicht in der Herstellung der Telefone, sondern im Vertrieb. So verkauft Xiaomi seine Geräte über die eigene Internetseite. Dort werden neue Geräte oft Monate im Voraus bestellt. Charbonnier vergleicht das mit Groupon und Kickstarter: "Xiaomi sammelt Bestellungen und kann dadurch bereits im Vorfeld Rabatte bei den Zulieferern der Komponenten herausschlagen. Der Preis bleibt so sehr niedrig. Will ein Kunde allerdings nach der Kampagne das Telefon bestellen, ist es oft doppelt so teuer", sagt Charbonnier.
Durch diesen Druck sind die Smartphones von Xiaomi meist schnell ausverkauft. Beim Marketing verlässt sich Xiaomi hauptsächlich auf Mundpropaganda unter den Nutzern. Und das wirksamste Marketing ist immer noch die Meldung, das neue Modell sei binnen zwei Minuten ausverkauft gewesen. Die lange Vorbestellung bewirkt, dass Millionen auf ein Gerät hinfiebern. Xiaomi nutzt das geschickt aus, indem es vor der offiziellen Ankündigung immer wieder Gerüchte streut.
Der Chef ist bestens vernetzt
Xiaomi ist mit diesem Marketing- und Geschäftsmodell in vier Jahren zum absatzstärksten Smartphone-Hersteller in China und zum drittgrößten der Welt aufgestiegen. Nur Samsung und Apple verkaufen weltweit mehr Geräte. Für die Konkurrenten in China ist das schon heute spürbar. Der Marktanteil Samsungs in China ging von 21 Prozent auf 14 Prozent zurück.
Dem großen Absatz zum Trotz: Die Gewinne von Xiaomi ähneln noch nicht Konkurrenten wie Apple. Während das amerikanische Unternehmen allein 8,5 Milliarden US-Dollar Gewinn im vierten Quartal des vergangenen Jahres machte, sind die Gewinne bei Xiaomi gering. Der Konzern veröffentlicht bislang keine Quartals- oder Jahresberichte. Je nachdem welchen Zahlen man vertraut, schwankt der Gewinn des chinesischen Konzerns zwischen 56 und 560 Millionen US-Dollar im vergangenen Jahr. Dass Xiaomi trotzdem oben mitspielt, verdankt es auch den Investoren. Erst kürzlich überwiesen Geldgeber dem Unternehmen etwa eine Milliarde US-Dollar. Der Wert des Unternehmens könnte laut Milliardär Yuri Milner mittlerweile bei 100 Milliarden US-Dollar liegen.
Der schnelle Aufstieg Xiaomis fußt maßgeblich auf den Erfahrungen und Ideen des CEO Lei. Der Milliardär ist in der Technologie-Welt Asiens bekannt und bestens vernetzt. Er gründete 2002 die Software-Firma Kingsoft und entwickelte in diesem Rahmen einen Onlinebuchhandel namens Jojo.com. Diesen verkaufte er im Juli 2004 für 75 Millionen US-Dollar an Amazon. 2008 wurde Lei Vorsitzender von UCWeb, dem erfolgreichsten mobilen Browser Chinas und mittlerweile Teil des größten Aktienkonzerns der Welt, Alibaba. Seit 2011 hat Lei sein Vermögen in mehr als 20 chinesische Firmen investiert. Über den Fond Shunwei legte er sein Geld vor allem in den Bereichen E-Commerce, soziale Netzwerke und mobiles Internet an – strategische Entscheidungen, die Xiaomi bis heute zugutekommen.
2013 holte Lei außerdem den Top-Manager Hugo Barra von Google nach China. Bei Google war Barra zuständig für Android. Mit ihm kann Xiaomi nicht nur seine eigene Oberfläche MIUI noch besser auf Android anpassen, sondern auch den lang erwarteten Sprung nach Europa und Amerika wagen.
Patente und Misstrauen bedrohen Xiaomis Erfolg
Noch interessanter sind für Xiaomi allerdings zunächst die bevölkerungsreichen Märkte Asiens, genauer Indien und Indonesien. Noch in diesem Jahr will Xiaomi das Mi4 in Indien verkaufen. Im Juli 2014 war dafür der Testlauf. 20.000 Geräte verkauften sich in fünf Sekunden. Mittlerweile gibt es in Indien über 100 Millionen Xiaomi-Nutzer. Im Jahr 2016 soll Indien der zweitgrößte Smartphone-Markt hinter China werden.
Bei der Expansion gibt es allerdings zwei Hürden: das Ansehen Chinas und die Patente. Exemplarisch zeigt sich das bei der Expansion nach Indien. Im Dezember 2014 ordnete der Delhi High Court einen Verkaufsstopp der Xiaomi-Smartphones an. Ericsson hatte wegen der Verletzung von Patenten geklagt. Der Verkaufsstopp läuft noch bis Februar 2015. Bis dahin dürften sich die Parteien gütlich geeinigt haben. Ähnliche Probleme sind aber auch bei der Expansion in andere Länder zu erwarten.
Xiaomi meldet zu wenig Patente an
In Indonesien möchte Xiaomi zunächst eine Fabrik aufbauen. In einem Interview deutet Hugo Barra an, warum das für Xiaomi besonders interessant ist: Ein neuer Standort habe den Vorteil, dass Xiaomi von seinem schlechten chinesischen Image etwas Abstand bekomme. Die Vermutung, chinesische Smartphone-Hersteller würden die Privatsphäre verletzen, ist offenbar zu verkaufsschädigend.
Beide Probleme werden Xiaomi auch bei der Expansion nach Europa begegnen. Insbesondere beim Kampf um Patente scheint Xiaomi noch nicht gerüstet. Während alle größeren Hersteller um Patente Prozesse führen oder die Konkurrenz gleich übernehmen, ist Xiaomi sehr zaghaft. Nur 1.141 Patente meldete Xiaomi im vergangenen Jahr laut dem Blog techinasia an. Apple brachte im gleichen Zeitraum das 48-fache an Patenten auf den Weg. Zudem wird chinesischen Firmen vor allem in den USA auch weiter Misstrauen entgegengebracht. ZTE und Huawei werden in den USA erst gar nicht verkauft.
Charbonnier vermutet deshalb noch etwas anderes: Xiaomi könnte sich für den westlichen Markt mit Google verbinden und seine Modelle unter dem Branding der Nexus-Reihe verkaufen. Mit Google als Partner dürften die Zweifel von Nutzern und Regierungen vermutlich ein bisschen weniger werden.
Quelle http://www.zeit.de/digital/mobil/2015-0 ... le/seite-1
Was ist das Geheimrezept des Apple-Amazon-Google-Hybriden?
Jahrelang galt Huawei als das chinesische Wunderkind. Viele Unternehmen hat der Technologiekonzern hinter sich gelassen. Auch 2014 legte Huawei wieder ordentlich zu. Analysten und Medienhäuser bewunderten 2014 aber ein anderes Unternehmen. Auch aus China, auch phonetisch rätselhaft: Xiaomi, ungefähr gesprochen 'scho-oh-mih'.
Xiaomi stellt Smartphones her und unterscheidet sich damit auf den ersten Blick kaum von Huawei und anderen Herstellern. Die Smartphones des chinesischen Unternehmens sind technisch anständig ausgerüstet und vor allem günstig. Damit macht Xiaomi Milliardenumsätze. Drei von vier chinesischen Smartphone-Nutzern besitzen ein Android-Telefon, die meisten davon kamen im vergangenen Jahr von Xiaomi.
Das Aufsehen war daher gewaltig, als Xiaomi Ende der vergangenen Woche seine neuen Spitzenmodelle Mi Note und Mi Note Pro vorstellte. Sowohl das Mi Note als auch das Mi Note Pro sind erstklassig ausgestattet, schlicht designt und haben ein 5,7-Zoll großes Display. Der Hersteller der Billig-Smartphones dringt damit in die Klasse der High-End-Geräte vor. Prompt ist wieder die Rede vom Konkurrenten des iPhone. Journalisten bezeichnen Xiaomi schon länger als "Apple of China". Ein Missverständnis.
Das Smartphone ist die Eintrittskarte
Denn der Erfolg von Xiaomi basiert auf einem anderen Geschäftsmodell. In einem Interview hat Lei Jun, CEO von Xiaomi, es einmal treffend erklärt. Lei sagte, Xiaomi sei eine Mischung aus einem großen Teil Amazon mit einer Prise Apple und Google. Das meiste Geld macht Xiaomi nicht mit dem Verkauf von Smartphones. Das zeigen die Verkaufszahlen des Kassenschlagers Hongmi (Roter Reis). Xiaomi verkaufte es für etwa 113 US-Dollar, bei 86 US-Dollar Herstellungskosten. Das ergibt eine Gewinnmarge von etwa 31 Prozent. Zum Vergleich: Mit dem neuen iPhone 6 macht Apple einen Gewinn von 69 Prozent.
Das Geld verdient Xiaomi mit Dienstleistungen, das Mobiltelefon ist nur der Träger. Lei hat auch dafür ein schönes Bild: Microsoft habe Windows damals in einer Pappschachtel verkauft. Microsoft sei deshalb aber noch lange kein Pappschachtel-Unternehmen.
Wenn das Smartphone der Träger ist, dann ist MIUI die Plattform. MIUI steht für Mobile Internet User Interface und ist eine modifizierte Oberfläche von Android. MIUI vereint mehr als 40 Xiaomi-Dienste, einer der wichtigsten ist der App-Store MiMarket. Google Play hat der Konzern im Sommer 2013 kurzerhand zusammen mit anderen Google-Diensten von seinen Geräten verbannt. Die offizielle Begründung lautete, dies sei mit den Normen in China nicht vereinbar. Xiaomi hat damit weitgehende Kontrolle, was und von wem der Nutzer Apps installiert und kauft. Wenige Monate später erklärte das Unternehmen, Nutzer hätten allein im Jahr 2013 über eine Milliarde Programme im MiMarket heruntergeladen.
Xiaomi setzt auf das Internet der Dinge
Das chinesische Unternehmen hat neben dem eigenen Kaufhaus für Apps auch eines für Hardware aufgebaut. Kaum ein Technologie-Unternehmen nimmt das Internet der Dinge so ernst wie Xiaomi. Eine kleine Auswahl der Übernahmen und Veröffentlichungen der vergangenen Monate:
Xiaomi präsentiert eigene Sensoren für das intelligente Haus;
Xiaomi investiert eine Milliarde US-Dollar, um die Inhalte seines MiTV attraktiver zu gestalten;
Xiaomi investiert 200 Millionen US-Dollar in den Smart-Home-Hersteller Midea Home Appliance;
Xiaomi stellt ein Steuerzentrum für Geräte im Haushalt, eine intelligente Glühbirne, eine Webcam, eine Zeitschaltuhr, einen Luftfilter für chinesische Großstädte und einen Kopfhörer vor;
Xiaomi erklärt, das eigene Fitness Band habe sich binnen dreier Monate eine Million Mal verkauft.
Für das Unternehmen sind die Millionen verkaufter Smartphones nur die Eintrittskarte in die Xiaomi-Welt: Mit ihr sollen Menschen das intelligente Haus steuern und Dienstleistungen im MiMarket kaufen. Zentraler Pfeiler von Xiaomi ist deshalb der Absatz möglichst vieler Eintrittskarten. Dafür hat sich Xiaomi ein eigenes, innovatives Verkaufssystem ausgedacht
Direktvertrieb und cleveres Marketing
Auf dem chinesischen Heimatmarkt verkauft Xiaomi die meisten Smartphones. Hier ist der Preis das entscheidende Kaufargument. Ein neues iPhone ist für viele schlicht zu teuer, es entspricht etwa dem, was ein Arbeiter in den Foxconn-Fabriken monatlich verdient. Das wissen aber auch die anderen Smartphone-Hersteller wie ZTE, Huawei und Lenovo. Was also hat Xiaomi besser gemacht?
Nicolas Charbonnier beobachtet den chinesischen Smartphone-Markt seit Jahren. Er bloggt unter dem Namen Charbax auf ARMdevices.net. Er sieht den entscheidenden Unterschied nicht in der Herstellung der Telefone, sondern im Vertrieb. So verkauft Xiaomi seine Geräte über die eigene Internetseite. Dort werden neue Geräte oft Monate im Voraus bestellt. Charbonnier vergleicht das mit Groupon und Kickstarter: "Xiaomi sammelt Bestellungen und kann dadurch bereits im Vorfeld Rabatte bei den Zulieferern der Komponenten herausschlagen. Der Preis bleibt so sehr niedrig. Will ein Kunde allerdings nach der Kampagne das Telefon bestellen, ist es oft doppelt so teuer", sagt Charbonnier.
Durch diesen Druck sind die Smartphones von Xiaomi meist schnell ausverkauft. Beim Marketing verlässt sich Xiaomi hauptsächlich auf Mundpropaganda unter den Nutzern. Und das wirksamste Marketing ist immer noch die Meldung, das neue Modell sei binnen zwei Minuten ausverkauft gewesen. Die lange Vorbestellung bewirkt, dass Millionen auf ein Gerät hinfiebern. Xiaomi nutzt das geschickt aus, indem es vor der offiziellen Ankündigung immer wieder Gerüchte streut.
Der Chef ist bestens vernetzt
Xiaomi ist mit diesem Marketing- und Geschäftsmodell in vier Jahren zum absatzstärksten Smartphone-Hersteller in China und zum drittgrößten der Welt aufgestiegen. Nur Samsung und Apple verkaufen weltweit mehr Geräte. Für die Konkurrenten in China ist das schon heute spürbar. Der Marktanteil Samsungs in China ging von 21 Prozent auf 14 Prozent zurück.
Dem großen Absatz zum Trotz: Die Gewinne von Xiaomi ähneln noch nicht Konkurrenten wie Apple. Während das amerikanische Unternehmen allein 8,5 Milliarden US-Dollar Gewinn im vierten Quartal des vergangenen Jahres machte, sind die Gewinne bei Xiaomi gering. Der Konzern veröffentlicht bislang keine Quartals- oder Jahresberichte. Je nachdem welchen Zahlen man vertraut, schwankt der Gewinn des chinesischen Konzerns zwischen 56 und 560 Millionen US-Dollar im vergangenen Jahr. Dass Xiaomi trotzdem oben mitspielt, verdankt es auch den Investoren. Erst kürzlich überwiesen Geldgeber dem Unternehmen etwa eine Milliarde US-Dollar. Der Wert des Unternehmens könnte laut Milliardär Yuri Milner mittlerweile bei 100 Milliarden US-Dollar liegen.
Der schnelle Aufstieg Xiaomis fußt maßgeblich auf den Erfahrungen und Ideen des CEO Lei. Der Milliardär ist in der Technologie-Welt Asiens bekannt und bestens vernetzt. Er gründete 2002 die Software-Firma Kingsoft und entwickelte in diesem Rahmen einen Onlinebuchhandel namens Jojo.com. Diesen verkaufte er im Juli 2004 für 75 Millionen US-Dollar an Amazon. 2008 wurde Lei Vorsitzender von UCWeb, dem erfolgreichsten mobilen Browser Chinas und mittlerweile Teil des größten Aktienkonzerns der Welt, Alibaba. Seit 2011 hat Lei sein Vermögen in mehr als 20 chinesische Firmen investiert. Über den Fond Shunwei legte er sein Geld vor allem in den Bereichen E-Commerce, soziale Netzwerke und mobiles Internet an – strategische Entscheidungen, die Xiaomi bis heute zugutekommen.
2013 holte Lei außerdem den Top-Manager Hugo Barra von Google nach China. Bei Google war Barra zuständig für Android. Mit ihm kann Xiaomi nicht nur seine eigene Oberfläche MIUI noch besser auf Android anpassen, sondern auch den lang erwarteten Sprung nach Europa und Amerika wagen.
Patente und Misstrauen bedrohen Xiaomis Erfolg
Noch interessanter sind für Xiaomi allerdings zunächst die bevölkerungsreichen Märkte Asiens, genauer Indien und Indonesien. Noch in diesem Jahr will Xiaomi das Mi4 in Indien verkaufen. Im Juli 2014 war dafür der Testlauf. 20.000 Geräte verkauften sich in fünf Sekunden. Mittlerweile gibt es in Indien über 100 Millionen Xiaomi-Nutzer. Im Jahr 2016 soll Indien der zweitgrößte Smartphone-Markt hinter China werden.
Bei der Expansion gibt es allerdings zwei Hürden: das Ansehen Chinas und die Patente. Exemplarisch zeigt sich das bei der Expansion nach Indien. Im Dezember 2014 ordnete der Delhi High Court einen Verkaufsstopp der Xiaomi-Smartphones an. Ericsson hatte wegen der Verletzung von Patenten geklagt. Der Verkaufsstopp läuft noch bis Februar 2015. Bis dahin dürften sich die Parteien gütlich geeinigt haben. Ähnliche Probleme sind aber auch bei der Expansion in andere Länder zu erwarten.
Xiaomi meldet zu wenig Patente an
In Indonesien möchte Xiaomi zunächst eine Fabrik aufbauen. In einem Interview deutet Hugo Barra an, warum das für Xiaomi besonders interessant ist: Ein neuer Standort habe den Vorteil, dass Xiaomi von seinem schlechten chinesischen Image etwas Abstand bekomme. Die Vermutung, chinesische Smartphone-Hersteller würden die Privatsphäre verletzen, ist offenbar zu verkaufsschädigend.
Beide Probleme werden Xiaomi auch bei der Expansion nach Europa begegnen. Insbesondere beim Kampf um Patente scheint Xiaomi noch nicht gerüstet. Während alle größeren Hersteller um Patente Prozesse führen oder die Konkurrenz gleich übernehmen, ist Xiaomi sehr zaghaft. Nur 1.141 Patente meldete Xiaomi im vergangenen Jahr laut dem Blog techinasia an. Apple brachte im gleichen Zeitraum das 48-fache an Patenten auf den Weg. Zudem wird chinesischen Firmen vor allem in den USA auch weiter Misstrauen entgegengebracht. ZTE und Huawei werden in den USA erst gar nicht verkauft.
Charbonnier vermutet deshalb noch etwas anderes: Xiaomi könnte sich für den westlichen Markt mit Google verbinden und seine Modelle unter dem Branding der Nexus-Reihe verkaufen. Mit Google als Partner dürften die Zweifel von Nutzern und Regierungen vermutlich ein bisschen weniger werden.
Quelle http://www.zeit.de/digital/mobil/2015-0 ... le/seite-1
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